30.6.2004 Mittwoch
Das Schlafen zuhause war
irgendwie seltsam, man hatte das Gefühl, das Bett würde unter einem
schaukeln. Der Körper war wohl nicht mehr an bewegungslose Matratzen
gewöhnt. Nachmittags fuhr ich wieder zum Boot, es war noch da und
alles war in Ordnung. Aber länger wollte ich es hier nicht
liegenlassen, bei der Insel der Jugend tummeln sich ja jede Menge
seltsamer Gestalten. Ich nahm Kurs auf meinen gemieteten Liegeplatz in
Schöneweide.
Die Fahrt ging zügig voran, was wohl daran lag, dass ich
die ganze Zeit Rückenwind hatte. Christoph und seine
Hinterhofwerkstattmannschaft begrüßten mich jubelnd und halfen mir
beim Festmachen. Endlich ein einigermaßen sicherer Platz, an dem man
das Boot auch mal mit ruhigem Gewissen längere Zeit alleine lassen
konnte. Das tat ich dann auch und verbrachte die nächste Zeit meist
zuhause, das Wetter war immer noch nass und kalt. Ich wollte auf
schönere Tage warten und währenddessen Seitenschwerter an das Boot
bauen, um ihm etwas mehr Kursstabilität zu verleihen. Dieses System
hatten die alten Wikinger auch schon.
Zwei Wochen lag das Boot am
Liegeplatz in Schöneweide, während ich zuhause die nötigsten Sachen
erledigte und mich bemühte, wieder ein bisschen Ordnung in die Wohnung
zu bringen. Schließlich hatte ich das Boot den Winter über hier gebaut
und der Staub, die Sägespäne und das Werkzeug waren gut im Zimmer
verteilt.
Allerdings: Sobald ich alles
einigermaßen sauber hatte fing ich an, die Schwimmer für die Veranda
zu bauen und schnell sah alles wieder so versaut wie vorher aus.
Dann ging es daran, das Boot
nach Kreuzberg zu fahren und alles abzuladen, was sich im Lauf der
Zeit an unnötigen Dingen angesammelt hatte. Die erste längere Fahrt,
und ich war ganz schön nervös, vor allem bei dem Gedanken an die erste
Schleuse meines Lebens. Zum Glück hat die Oberschleuse von der Spree
zum Landwehrkanal bloß einen Hub von 20 Zentimetern und eignet sich
gut für einen ersten Versuch. Grünes Licht bedeutet in die Schleuse
einfahren, rotes Licht warten, eigentlich ganz einfach.
Was ich
übersehen hatte war, dass es für Sportboote einen eigenen Warteplatz
gab, was mir aber schnell klar wurde, als mich einer der großen
Touristendampfer zur Seite hupte. Die Schleusung selber war
unspektakulär. Von den aufmunternden Zurufen des Schleusenwärters
angespornt zuckelt ich zu einem Poller und warf einen Strick darüber.
Die 20 Zentimeter bemerkte man überhaupt nicht. Weiter ging es in den
Landwehrkanal, das Freizeitparadies der Kreuzberger. Die Ufer sind ein
beliebter Ort zum Rumsitzen, Partys machen oder Sonnenbaden und bei
warmem Wetter sind sie stets gut besucht.
Mein Boot erregte allerhand
Aufsehen und von Jubelrufen begleitet zuckelte ich zur Liegestelle am
Urbanhafen. Viereinhalb Stunden hatte die Fahrt gedauert und die
Batterie war ziemlich leer als ich ankam. Aber jetzt wusste ich
wenigstens, wie weit man mit einer Ladung kommt.
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