10.8. Dienstag
Als Abschiedsgeschenk bekam
ich vom Sex-Seiten-Macher eine Plastikschüssel voller Eiswürfel als
Reiseproviant und fuhr gegen Mittag weiter Richtung Schmöckwitz.
Pralle Sonne und Rückenwind waren hervorragendes Reisewetter. Nach
einer Stunde jedoch hörte die Freude auf, denn aus dem Rückenwind
wurde plötzlich Gegenwind. In Höhe der Regattastrecke Grünau wurde er
so stark, dass ich trotz Vollgas rückwärts fuhr.
Hier war mein
Elektromotor mit seinen 0,6 KW eindeutig überfordert. Dreimal drehte
ich in den Wind und warf den Anker, um nicht weiter zurück getrieben
zu werden. Beim dritten Mal war der Wind so stark, dass ich trotz
Anker rückwärts fuhr. Als der Wind kurz schwächer wurde kam ich wieder
etwas voran, erreichte aber bloß einen großen Baum an einer Biegung
der Dahme, als es mich auch schon wieder zurück wehte.
Insgesamt
viermal fuhr ich diese 100 Meter bis zum Baum und wurde wieder
zurückgetrieben. Dann hatte ich die Nase voll und machte an einer
Badeleiter fest. Die gehörte wohl zu einem der vornehmen Häuser am
Ufer, hoffentlich hatten die Bewohner nichts dagegen. Aber was sollten
sie schon machen? Ich war in Seenot und mich hier wegzuscheuchen wäre
unterlassene Hilfeleistung und die ist strafbar. Die Villen machten
keinen besonders bewohnten Eindruck und es standen auch Schilder herum
„Wohnungen zu vermieten“. Ich zog mich etwas näher an meinen
„Schicksalsbaum“ und machte mich mit den Erdankern fest.
Jemand von den Hausbewohner
schien doch etwas gegen mich zu haben, nach einiger Zeit kam eine
Zivilstreife der Wasserschutzpolizei. Zwei nette Jungs, aber trotzdem
hielten sie mir einen Vortrag, dass ich hier nicht liegen könne, ein
Anwohner habe sich beschwert. Als ich ihnen meinerseits eine Ansprache
hielt, wurden sie unsicher und wussten nicht genau, was sie tun
sollten. Denn erstens könnte ich hier gar nicht weg, weil ich bei dem
Wind manövrierunfähig bin und es fahrlässig wäre, jetzt loszufahren.
Zweitens gehört in Berlin offiziell ein Uferstreifen von zwei Metern
Breite der Bevölkerung und nicht den Hausbesitzern. Und drittens hätte
ich gerade ein Bier getrunken und dürfe gar nicht mehr fahren.
Die
Jungs schauten ratlos, ich freute mich am Anblick ratloser Polizisten,
aber nicht lange, denn ausgerechnet jetzt kam mein Bekannter Rudi mit seinem
Boot an. Er meinte, hier wäre gerade Party, weil er die Polizisten als
solche ja nicht erkennen konnte. Die ergriffen sofort den rettenden
Strohhalm und meinten, Rudi könne mich doch an eine Stelle schleppen,
an der ich in Ruhe liegen könnte. Das machte Rudi dann auch und zog
mich etwa einen Kilometer zum Seebad Wendenschloß, wo ich am Ufer
festmachte und mir am Imbiss Currywurst mit Pommes genehmigte.
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