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Es wird weitergebastelt: Das Schwimmding

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Da ich ja nun fest auf dem Schwimmding wohnte - meine Wohnung hatte ich im Frühling gekündigt - wurde es allmählich Zeit, an den Winter zu denken.

Die Decke wurde mit Styroporplatten isoliert, außer natürlich die Gegend um das Ofenrohr, da kamen Glasfaserplatten hin. Von außen isolierte ich eine Seitenwand und die Rückwand, dann hatte ich keine Lust mehr und wollte abwarten, ob das nicht reichen würde.

Es reichte. Selbst im kältesten Winter saß ich meistens in der Badehose rum, soviel Wärme lieferte der kleine Aztekenofen aus dem Baumarkt. Am siebten Januar löste sich dann auch das Problem mit dem Brennholz, das ich bisher immer in Form von Holzbriketts aus dem Baumarkt hergeradelt hatte. An diesem Tag entsorgen die Berliner ihre Weihnachtsbäume auf den Gehwegen. Ich sammelte sie alle ein und legte mir ein gigantisches Vorratslager zu. Das zersägen der Bäume machte einen noch zusätzlich warm, man musste dann weniger heizen. Diese wochenlang in Wohnzimmern getrockneten Christbaumzweige neigen aber eher dazu, zu explodieren, als zu brennen, da muss man vorsichtig mit umgehen. Die Stämme sind harmlos, die sind noch feucht, man kann sie wie Briketts benützen, die glühen einfach durch.

An Tagen über zehn Grad plus reichte auch die "Blumentopfheizung". Dazu macht man den Spirituskocher an und stellt einen Blumentopf verkehrt rum über die Flamme. Das gibt eine angenehme trockene Wärme.

Bernd lieh mir noch seine Solarzelle, die er im Winter in seinem Trockendock sowieso nicht brauchte, und so glaubte ich mich stromtechnisch bestens gerüstet. Das war ein schwerer Irrtum, Strom per Solarzellen im Winter, das kann man in Deutschland vergessen. Auch wenn man die Zellen zum hochklappen umrüstet, damit sie im richtigen Winkel zur Sonne stehen, was ich mit einigen Scharnieren aus dem Baumarkt erledigte. Alle paar Tage musste ich mit einer meiner Batterien zu Bernd ins Winterlager radeln und an sein Ladegerät hängen. Den meisten Strom verbrauchte der Fernseher, ich steckte ihn aus und wurde Stammkunde in der nahegelegenen Stadtbibliothek. Ab sofort hatte das Batterienschleppen ein Ende, für die Beleuchtung reichte der Solarstrom immer.

Silvester war dann Krieg. Der Teil des Spreeufers, an dem ich lag, war Sammelplatz für alle Feuerwerker im Stadtteil Niederschöneweide. Hunderte von Menschen beschossen die Spree mit ihren Raketen. Zum Glück traf mich keine.

Am 18. Januar zog ich für eine Nacht in ein Hotel. Das Sturmtief "Kyrill" war angekündigt und ich hatte Schiss. Der Sturm war auch gnadenlos kräftig und fegte den Regen waagrecht am Fenster des Hotelzimmers vorbei. Ich machte mir große Sorgen um das Schwimmding und hatte total Bammel, als ich am nächsten Morgen wieder hinradelte. Immerhin hatte Kyrill Eisenstreben vom Berliner Hauptbahnhof gefegt, was hatte er wohl mit meinem Schwimmding angestellt? Aber die ganze Panik war umsonst, ein Glas Oliven war umgefallen, das wars.

Im großen und ganzen hatte ich ziemlich viel Glück gehabt. Der Berliner Herbst war der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und der Winter war auch ziemlich mild.

Aber das Problem stellt sich schon: Was tut man einen ganzen Winter lang auf sechs Quadratmetern? Man kann nicht drei Monate lang ununterbrochen meditieren. Ich jedenfalls nicht, ich schaffe da keine drei Minuten. Der Plan war ja eigentlich: Im Sommer rumfahren und Zeugs erleben, im Winter die Internetseite in den Laptop tippsen. Der ging gnadenlos daneben, solartechnisch gesehen, diese Laptops verbrauchen ziemlich viel Strom und den brachten sogar meine drei Solarzellen nicht.

Aber auch da hatte ich Glück. Ein Kumpel von mir war Bassist in einer Neil-Young-Cover-Band und die suchte einen neuen Gitarristen. Da Gitarrespielen schon immer mein Hobby war und ich das ausreichend gut kann, wurde ich engagiert und hatte viel Beschäftigung damit, die ganzen Lieders zu üben. Kannte ich fast alle nicht, ich bin kein großartiger Fan von Neil Young. Eigentlich mag ich den überhaupt nicht. Aber was tut man nicht alles wegen Langeweile und Geld. Jedenfalls saß ich viele Wochen lang gemütlich vor dem knisterndem Aztekenofen und zupfte auf meiner Klampfe rum. Recht viel romantischer ging es kaum.

Und auch das Kochproblem wurde gelöst. Diese normalen Spirituskocher können zwar Wasser zum Kochen bringen, aber zum Schnitzel braten erzeugen sie einfach nicht genügend Hitze. Für einen Kasten Bier gab mir Bernd aus seinem "Archiv" einen alten Schiffs-Spirituskocher. Normalerweise sind diese Dinger ja unglaublich teuer und ich hatte mir immer gedacht, wozu über 100 Euros für einen Spirituskocher ausgeben, wenn du sie bei Ebay auch für 20 Euros kriegst? Aber der Unterschied macht sich bemerkbar. Diese Schiffskocher sind wie durch ein Wunder einfach viel leistungsfähiger als die normalen.

   

 
 
 
 
 
 

Einsam und verlassen am Steg, aber immerhin mit Regenbogen