Die Toilette war der nächste Punkt,
den ich in Angriff nahm. Ein Bioklo sollte es diesmal werden.
Eigentlich eine ziemlich einfache Angelegenheit - eine
Plastikschüssel mit einem Holzkasten drumrum, einer Klobrille drauf
und einer Art Kamin als Abzug für die üblen Gerüche. Hatte man sein
Geschäft erledigt, streute man eine Handvoll Rindenmulch drüber und
fertig. Wenn der Plastikkasten voll ist, leert man den Inhalt
irgendwo in die Natur ab, aus dem Gemisch wird gut düngender
Kompost.
Man kann solche Biotoiletten auch fertig kaufen und unglaubliche
Preise dafür bezahlen. So um die 500 Euros kann man locker dafür
ausgeben, während mein Eigenbau gerade mal zwanzig kostete. Sicher
könnte man es optisch schöner gestalten, aber für den Anfang war ich
mit meiner Konstruktion ganz zufrieden. Auch für den Rindenmulch
kann man gesalzene Beträge ausgeben, ich nahm den billigen aus
Baumarkt. Er roch zwar anfangs etwas sehr aromatisch, doch das
verlor sich im Lauf der Zeit.
Als Sichtschutz nahm ich Papierrollos. Hier gibt es sicherlich
elegantere Lösungen, die auch mal einem kräftigen Wind standhalten,
aber ich wollte es erstmal billig haben. Die Rollos haben die ganze
Saison lang überlebt.
Am 14. Mai war das offizielle Fest für die Eröffnung der
diesjährigen Saison, die Spreeteufels hatten alles liebevoll mit
Lampions und Luftballons dekoriert, es gab viel zu grillen und viel
zu trinken. Meine Freundin begleitete mich zur Einweihungsparty, gab
aber nach einer halben Stunde entkräftet auf. Zugegeben, die "kalte
Sophie" nannte man diese Jahreszeit, und sie gab sich alle Mühe,
ihrem Namen gerecht zu werden. Regen, Kälte und Wind waren vom
Feinsten, so ganz nach dem Geschmack abgehärteter Naturburschen und
Haudegen. Wir verbrachten die Nacht lieber bei ihr als im klammen
Zelt, und als ich am nächsten Nachmittag wieder zu den Spreeteufeln
an den Steg kam, saßen sie seltsamerweise alle noch in den gleichen
Positionen in denen wir sie verlassen hatten. Nur wesentlich
betrunkener. Ein Fest eben. Es war noch reichlich Rum übrig, ich
feierte mit und verbrachte die erste Nacht an Bord im Zelt in einem
Zustand, der mich das kalte Wetter vergessen ließ.
Gegen zehn Uhr morgens versammelten sich jede Menge schwer
verkaterter Gestalten auf dem Steg zum Frühstück und Spreeteufel
Bernd kommentierte meinen Auftritt in der Badehose mit "Zieh dich
bloß an, mir ist schon schlecht genug."
Der Rest vom Mai versank in kaltem grauen Regenwetter, ich
verbrachte ihn meist zuhause oder mit Besorgungen.
Ich kaufte zum Beispiel eine schicke Kerze in einer
Metallpyramide mit Glasfenstern, die schon die erste Nacht nicht
überlebte, weil ich sie wohl mit dem falschen Knoten an einem
Querbalken festgemacht hatte. Der nächste Tag sah mich auf der Suche
nach Glassplittern an Bord.
Einen zusammenklappbaren Tisch mit 4 Hockern aus Alu fand ich für
50 Euros im Supermarkt.
Am Freitag, dem 27. Mai, ging es auf die erste Ausfahrt. Ich
wollte zum Müggelheimer FKK-Strand und dort die Kumpels vom letzten
Jahr - Manni und Käptn Blaubär - mit meinem neuen Schiffsmodell
beeindrucken. Spät nachmittag fuhr ich los, erstes Etappenziel war
die öffentliche Köpenicker Liegestelle, die ich nach zwei Stunden
erreichte, und als die vielen lärmenden Jugendlichen gegen zehn Uhr
allmählich leiser wurden, verbrachte ich eine angenehme Nacht an
Bord. Um sechs Uhr morgens ging es weiter zum Strand, den ich nach
dreieinhalb Stunden Fahrt erreichte. Letztes Jahr hatte ich für
diese Strecke ungefähr eine Woche gebraucht. Stromlinienförmige
Schwimmer scheinen schon ihre Vorteile zu haben. Mein Schiff wurde
bewundert, das Wetter war super, es wurde viel sonnengebadet und
geschwommen und abends gab es Doppelbeschallung: Von links eine
Countryband aus dem Westernwirtshaus, von rechts Musik einer
Folkgruppe, die es sich an einem Lagerfeuer am gegenüberliegenden
Ufer gemütlich gemacht hatte. Ab und zu untermalt von einem im
Landeanflug auf Schönefeld Krach machendem Flugzeug.
Die Rückfahrt am Sonntag ging wegen viel Gegenwind etwas
langsamer voran als die Hinfahrt und auf Höhe Köpenick wollte ein
Wahnsinniger mein Schwimmding entern. Er war mit seinen zwei etwa
zehnjährigen Kindern auf einem Surfbrett unterwegs, hing sich an
mein Boot und ließ sich ziehen. Auf meinen Einspruch hin meinte er:
"Kinder, wir übernehmen jetzt die Gewalt über das Schiff, ich zeige
euch mal, wie man ein Boot entert." Und tatsächlich machte er den
Versuch, auf seinem Surfbrett stehend über das Geländer an Bord zu
klettern. Begleitet von Kindergebrüll: "Papa mach das nicht, Papa
hör auf !!!"
Was tun? Das Pfefferspray lag irgendwo im Zelt und das Zelt war
zusammengeklappt. Wer rechnet auch schon am hellichten Tag mitten in
Berlin mit einem Piraten? Sollte man ihm mit dem Bootshaken eins
über den Kopf ziehen? Dann wurde der vielleicht ohnmächtig, würde
absaufen und man musste ihn auch noch retten und wiederbeleben. Und
was würden die Kinder davon halten? Wieso darf so ein Wahnsinniger
überhaupt Kinder erziehen? Für jeden Scheiß braucht man hier in
Deutschland einen Schein und eine Prüfung, nur für das Erziehen der
nächsten Generation nicht, das darf ungestraft jeder Vollidiot.
Ich trommelte dem Piraten mit dem Haken energisch solange auf die
Finger, bis er das Geländer losließ und zurück in die Dahme fiel, wo
er von seinen Kindern mit dem Surfbrett gerettet wurde.