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Es wird weitergebastelt: Das Schwimmding
 
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Ende Juni war es dann soweit, meine Freundin wollte auf große Fahrt mitkommen und ich machte vorher noch "Klar Schiff", räumte also alles ordentlich auf. Dachte ich wenigstens, aber Frauen haben da eine andere Vorstellung davon:

"Der Eimer braucht mal eine Grundreinigung."

"Hier muss ne Blume hin."

"Diese Blume muss da weg, und überhaupt, müssen wir deinen Gemüsegarten hier spazierenfahren?"

"Nicht den blauen Lappen nehmen, sondern den roten."

Naja, da half nur noch resignieren und die Anweisungen befolgen. Das Ergebnis ließ sich aber auch sehen.

Gegen Mittag kam Rudi vorbei und brachte einen Kumpel namens Gerhard mit, dessen Hobby tauchen war. Das traf sich sehr gut, Es war allmählich an der Zeit, den Eimer mit den sechs Flaschen Bier vom Grund der Spree in drei Metern Tiefe zu bergen. Kalt genug musste das Bier ja allmählich sein. Gerhard holte tief Luft und schon beim zweiten Anlauf präsentierte er uns stolz den Eimer, die Suche nach dem Rost vom Grill dauerte etwas länger, die Spree ist ziemlich trübe und so ein schwarzgrauer Eisenring nicht unbedingt auf Anhieb erkennbar. Trotzdem fand er ihn und erhielt jede Menge Lob und Jubel. Allerdings präsentierte er uns auch eine Menge Schrott: einen verrosteten Anker, unidentifizierbare Blechteile, zwei Jalousien und ein Batterieladegerät. Es war schon erstaunlich, was man auf dem Grund der Spree so alles finden konnte.

Die Fahrt nach Köpenick war komplikationsfrei und wir ergatterten den letzten freien Platz am Steg. Zur Feier der gelungenen Überfahrt wollten wir uns eine Pizza genehmigen, aber die einzig vorhandene Pizzeria in der Köpenicker Altstadt sah nicht sehr vertrauenserweckend aus, mehr so wie eine Bahnhofswirtschaft aus den 50er Jahren. Eine kleine Wanderung ließ uns ein anatolisches Restaurant an einem Nebenarm der Spree entdecken, mit exorbitanten Preisen und einem sehr übersichtlichen "Chefsalat". Eine Art größerer Kaffetasse mit etwas Grünzeug drin. Scheinbar können sich Köpenicker Restaurants mangels Konkurrenzdruck einiges erlauben. Mit einem romantischen Lagerfeuer im Bordgrill beschlossen wir den Abend.

Am nächsten Tag stellte ich dank viel Rückenwind einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf: Zweieinhalb Stunden von Köpenick zum Strand in Müggelheim, wo wir am Nachmittag aufs Angenehmste überrascht wurden. Die Stegnachbarn aus Köpenick hatten bemerkt, dass ich einen Erdanker dort vergessen hatte und winkten aus 20 Metern Entfernung aufgeregt mit dem Teil in meine Richtung. Das war sehr fürsorglich von ihnen, sie mussten die ganze Strecke Ausschau nach mir gehalten haben. Rudi paddelte mit dem Schlauchboot zu ihrem Schiff rüber, um den Anker abzuholen. Ich hatte nicht nur einen Anker vergessen, sondern den zweiten auch, den ich zu meinem Erstaunen bei der Rückfahrt immer noch so am Ufer der Köpenicker Bucht vorfand, wie ich ihn hineingedreht hatte.

In den ersten zehn Julitagen herrschte Schmuddelwetter, kalt, windig, regnerisch und ich holte mir eine Erkältung, die ich lieber zuhause auskurierte als an Bord. Als die Sonne wieder hervorkam, wagten wir eine Ausfahrt. Wir wollten zur Abwechslung mal in die andere Richtung fahren, nach Plänterwald, kamen aber wegen des Windes nur schlecht voran. Kurz vor dem Ziel gerieten wir in ein Windloch und es ging trotz Vollgas nur noch rückwärts. Nach zehn Minuten Stromverschwendung gaben wir auf und kehrten um. Ich nutzte den freien Nachmittag, um meiner Freundin Fahrunterricht zu geben. Geradeausfahren, Anhalten und eine Boje treffen. Trotz der erschwerten Bedingungen schaffte sie alles auf Anhieb, auch das anschließende Anlegen an der Liegestelle Hasselwerder Straße verlief richtig professionell. Ich war etwas baff.

Am Liegeplatz herrschte ein solcher Wind, dass ich auf ein traditionelles Anlegemanöver verzichtete, sondern frontal auf den Steg zufuhr. Ein hilfsbereiter Stegnachbar schnappte sich die zugeworfenen Seile und zog das Schiff an die richtige Position. Sicher im Heimathafen angelangt genehmigten wir uns ein Bier und installierten ein Bild von Ganesha, dem indischen Elefantenmenschen, der einen angeblich vor größeren Schicksalsschlägen bewahrt.