Im Mittelalter war "Prenzlberg"
ein Weinanbaugebiet vor den Toren Berlins, um 1840
siedelten sich einige Brauereien an, und um 2012 wird
hier hauptsächlich gesüffelt und gefuttert was das Zeug
hält. Etwa 700 Kneipen, Bars, Clubs, Biergärten und
Lokale drängen sich hier auf engstem Raum.
Der Szene-Bezirk ist hauptsächlich von jungen Menschen
bevölkert. Gutsituierten jungen Menschen allerdings, die
Mieten hier sind nicht ohne.
Der Ausländeranteil ist mit 13 Prozent normaler Berliner
Durchschnitt, das Problem mit den Ausländern hier ist aber,
dass man sie nicht auf Anhieb als solche erkennt. Engländer,
Franzosen, Holländer, Italiener, Amerikaner, Schwaben, kaum Türken oder Araber oder
Vietnamesen.
Als Ausgangspunkt für die Bezirkserforschung empfiehlt
sich die U2-Station Eberswalder Straße. Von dort aus
kommt man zu Fuß schnell überall hin.
Die belebtesten Kneipenmeilen sind: Schönhauser Allee, Lychener Str.,
Kastanienallee, Raumer Str., Oderberger Str. und alles
rund um den Helmholtz- und Kollwitzplatz.
Verköstigen kann man sich in allen erdenklichen
Variationen:
Inder, Koreaner, Vietnamesen, Japaner, Chinesen,
Pakistanis, Deutsche, Franzosen, Afrikaner, alles was der
Magen
begehrt, außer vielleicht einen Belgier oder einen
Isländer...
Und sogar die Currywurst hat hier keine ordinäre Bude,
sondern mehr so einen kleinen Palast in BVG-Gelb mit
Biergarten unter der Hochbahn
U2 Eberswalder Straße. Bei Konopke soll es angeblich die
beste Currywurst Berlins geben. Naja, ein Gerücht eben.
Dazu müsste man erstmal alle Berliner Currybuden
durchtesten. Eine Lebensaufgabe.
Wo noch Platz zwischen den
ganzen Kneipen ist, haben sich viele kleine Läden
angesiedelt, die allen möglichen Krimskrams anbieten.
Etwas größer geraten sind dann schon die Bioläden, alle
paar hundert Meter gibt es auch Kaisers, Rewes, Tengelmänner
& Co und in den Schönhauser-Allee-Arcaden findet man den Rest,
Medi-Max und so.
Dieser Schuhladen in der
Oderberger Straße heisst nicht umsonst "RIOT". Das
Schaufenster ist vollgestopft mit Schuhen, alles wirr
durcheinander.
Die Gehwege in Prenzlberg sind allerdings unter aller
Sau, hier hat der Aufbau Ost eindeutig versagt. Der
Senat lässt zwar Unmengen von Schildern mit der
Beschwörungsformel „Gehweg-Schäden“ aufstellen, aber
davon gehen die Schäden auch nicht weg.
Die durchzechten Nächte
hinterlassen natürlich ihre Spuren. Während in Kreuzberg
oder Friedrichshain in dem Zustand gerne grölend
durch die Straßen gezogen wird, löst man dieses
Problem in Prenzlberg anders.
Als Folge hat gefühlt jede zweite Frau auf den Straßen
einen dicken Bauch, schiebt einen Kinderwagen vor sich
her, oder hat mehrere Kinder an der Hand.
Die Läden haben sich darauf eingestellt und viele bieten
Spielecken oder Maltafeln an. Bei Fielmann in der
Schönhauser Allee geht das Malen sogar voll
computergesteuert auf Touchscreen.
Speziell an Sonntagen ist
der Mauerpark (Eberswalder Ecke Oderberger) extrem gut
gefüllt. Daran ist der Flohmarkt schuld, der einen
enormen Publikumszuspruch hat.
Von Straßenmusikern wird
das natürlich gnadenlos ausgenützt, soviel Publikum
finden sie in Berlin sonst nirgendwo.
Radfahrer haben es im
Park und den angrenzenden Radwegen nicht leicht. Meistens
ist alles voll mit zerbrochenen Flaschen und man muss
angestrengt Scherben-Slalom fahren um Plattfüße zu vermeiden.
Die Mauer vom Mauerpark ist
nicht die berühmte "Berliner Mauer", sondern eine "Hinterlandmauer".
Diese gab es rund um Berlin einige hundert Meter vor der
eigentlichen Mauer. Die Menschen mussten also erstmal
über die Vormauer, dann über das Sperrgebiet und den
Todesstreifen, bevor sie zur eigentlichen Mauer kamen,
an der sie dann von ihren Volksgenossen ermordet wurden.
Im Gegensatz zu den inzwischen verstorbenen Nazi-Mördern
aus der Hitlerzeit leben diese "Volksgenossen" alle
noch. Und sind sich keiner Schuld bewusst, weil sie ja
nur Befehle ausgeführt haben.
Ein vergessenes Wahrzeichen
ist die Bornholmer Brücke. Am 9. November 1989 öffnete
sich hier die erste Grenze zwischen Ost- und Westberlin
und tausende von Ostberlinern stürzten sich in die
Freiheit und auf Bananen und Fruchtjoghurts und fegten
die Läden leer, deren Inhaber spontan das westdeutsche
Ladenschlussgesetz außer Kraft setzten.
Aber kein Denkmal, keine
Tafel, nichts erinnert einen an diesen historischen Ort.
Man sieht noch ein Stück von der Hinterlandmauer und eine Spur
vom ehemaligen Todesstreifen.
Die Brücke heisst offiziell aber "Böse-Brücke" und liegt
direkt über dem S-Bahnhof Bornholmer Straße.
Um Berlin wirklich
kennenzulernen, muss man alle Bücher und CDs von Horst
Evers haben.
Und nein, wir sind mit dem nicht verwandt oder
verschwägert. Wir kennen ihn nicht mal persönlich.
Solche Häuser muss man in
Prenzlberg inzwischen lange suchen. Fast alle Altbauten
sind saniert und die Mieten entsprechend hoch.
Jede Menge Spektakel und
Märkte und Feste und Konzerte gibt es in der
Kulturbrauerei in der Knaackstraße, Ecke Danziger, einem
weitläufigen Gelände mit vielen sanierten
Backsteingebäuden.
Und natürlich gibt es
diverse Kneipen und einen Biergarten, wie sich das für
Prenzlberg gehört.
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Den "Berg" von
Prenzlberg findet man hinter
dem Wasserturm in der Knaackstraße Ecke Belforter. In
dieser Gegend und im Turm selbst wohnen eher gut
betuchte Leute, wie zum Beispiel
Vize-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.
Der residiert hier am
Kollwitzplatz und hat sich 2007 furchtbar aufgeregt, als
ihm die Prenzlberger einen samstäglichen
Straßen-Bio-Markt vor die Nase gesetzt haben. Zuviel
Lärm am Samstag früh und wo soll man denn am Freitag
Abend sein Auto parken, hatte Thierse gemeint. Er wollte
den Markt auf Briefpapier vom Bundestag - was er als
Privatmensch nicht darf - wieder abschaffen, was ihm
aber nicht gelungen ist. Er hat sich damit einen kleinen
Stadtskandal eingehandelt, aber inzwischen ist alles
wieder gut.
Der Berg ist aber nur ein
Berg ehrenhalber, den Kilimandscharo von Prenzlberg findet
man im touristenfernen Volkspark Nähe S-Bahn Landsberger
Allee und der Gipfel liegt 91 Meter über dem
Meeresspiegel.
Nicht alles an Prenzlberg
ist "in". Ausgesprochen trostlos wird es in der
Storckower Straße, besonders Ecke Kniprodestraße und bei
den Hochhäusern an der S-Bahn-Station Storckower Straße,
auch wenn diese teilweise lustig angemalt sind. Die
Fensterscheiben von alten Wohnblocks und Bürogebäuden dienen als
Übungsgelände für Kopfsteinpflasterwerfer.
Berlins zweitgrößte
Konzerthalle, das Velodrom in der Landsberger Allee
lässt sich nicht gut fotografieren. Groß und rund und in
die Erde eingelassen bietet die Halle Platz für etwa
zehntausend Zuschauer.
Außer Radweltmeisterschaften und Sechstagerennen finden
hier auch jede Menge Pop-Konzerte statt.